Tuchels großes Fragezeichen
Es ist und bleibt das große Fragezeichen beim FC Bayern. Was ist mit der Mannschaft los? Schon unter Nagelsmann war es ein ständiges Problem. Auf hohe Siege, folgten komplett unverständliche Niederlagen. Auf gute Leistungen, Spiele zum Vergessen. Auf eine gute 1. Halbzeit, ein totaler Reinfall in der 2. Halbzeit.
Unter Thomas Tuchel ging es zunächst kurz so weiter, doch in den letzten Spielen schien sich die Mannschaft endlich wieder stabilisiert zu haben und ließ einen klaren Aufwärtstrend erkennen. Gegen RB Leipzig sollte nun diese neu gewonnene Stabilität endgültig unter Beweis gestellt werden.
Es fing einigermaßen gut an, und endete wie die ganze Saison. In einem Desaster. Ja, man muss es mal so drastisch ausdrücken. Es ist ja nicht nur eine ganz normale Niederlage, wie sie jeder Verein mal haben kann. Es ist nicht nur der immer mehr drohende Verlust der Meisterschaft. Auch das wäre vielleicht gar kein so großes Problem. Es ist einfach dieses immer wieder Versagen im Kollektiv. Unerwartet und unnütz.
Zurück bleibt – wieder mal – ein ratloser Thomas Tuchel, der bereits auf einem sehr guten Weg war. Man sah Tuchel die vielen Fragezeichen an, die kurz nach dem Spiel in seinem Kopf waren.
Tuchel hat einen Kader, den jeder Trainer gerne hätte. Er weiß, was seine Spieler können, er vertraut ihnen, er gibt ihnen immer wieder die Chance, sich zu beweisen. Denn das, was er von seinen Spielern aus der Vergangenheit weiß, ist, dass sie herausragende Spieler sind.
Tuchel betont immer wieder, wie gut es im Training aussieht. Wie gut sie mitziehen, wie spielfreudig sie sind. Das mag alles sein. Tuchel sieht die vielen Top-Spieler. Die hat er auch. Aber ich sehe immer noch kein Team. Ich sehe Abstimmungsprobleme vor allem vorm Tor, wie Thomas Müller sie mit Lewandowski lange nicht mehr hatte. Ich sehe ab und zu gute Einzelaktionen, die aber zu nichts führen, weil sie irgendwann ins Leere laufen. Man sagt nicht umsonst „Es geht nix zusammen“. Zusammen.
Vielleicht sind es die vielen herausragenden Einzelspieler. Vielleicht die vielen Spieler, die Thomas Tuchel erst noch in die Spur bringen muss. Vielleicht passen sie aber auch einfach nicht zusammen. Wahrscheinlich sind es aber einfach zu viele Baustellen in dieser Saison. Lewandowski ersetzen. Neuer ersetzen. Mané, Sané, Gnabry, Pavard in die Spur bringen, und wer auch immer noch in dieser Situation Probleme hatte oder noch hat. Damit kann man kein funktionierendes Team aufbauen.
Auch einen guten Passgeber könnte die Mannschaft noch brauchen. Kimmich verteilt immer wieder gute Pässe, die aber oft schlecht verwertet werden. Hier könnte ich jetzt mal wieder Malik Tillman ins Spiel bringen. Für den wäre aber – leider – eine weitere Saison in Glasgow vermutlich besser.
Auch wenn ich weiterhin der Meinung bin, dass Oliver Kahn & Co. nicht unbedingt an all diesen Problemen die Hauptschuld tragen, so sehe ich zumindest für einen von ihnen die Luft mittlerweile doch recht dünn geworden. Irgendwer muss immer gehen.
Sie haben nach ihren finanziellen Möglichkeiten Spieler geholt, die sie bekommen konnten und auch einige, die Julian Nagelsmann unbedingt haben wollte. Dass einige davon hier nicht Fuß gefasst haben, ist sicher nicht ihre Schuld. Schließlich ist es Aufgabe des Trainers, die Spieler zu integrieren. Es gibt aber auch einige neue Spieler, die, für sich gesehen, keine schlechte Saison gespielt haben. Das darf man auch nicht vergessen.
Wie auch immer es weiter geht, die größte Aufgabe für Thomas Tuchel wird weiterhin bleiben, ein Team zu formen. Ein Team, dem auch ein Gegenor nichts ausmacht, weil es jeden Spieler trägt, weil es gemeinsam kämpft für den Sieg. Gemeinsam.