Der FC Bayern spielt Domino
Der FC Bayern spielt Domino. Wer könnte kommen, um das Team zu verstärken? Wer muss gehen, weil er sich nicht durchsetzen konnte? Diese Frage stellen sich gerade viele Fans.
Thomas Tuchel hält sich auf Nachfrage von Berichterstattern sehr bedeckt. Und das ist auch gut so. Die Spekulationen gibt es natürlich, besonders für die Position des Mittelstürmers, trotzdem. Auch ich bin schon öfters gefragt worden, wen ich neu holen und wen verkaufen würde. Und auch ich werde da nicht viel sagen. Denn Transfers in beide Richtungen stehen für mich nicht, oder noch nicht, ganz oben auf der Prioritätenliste.
Ich bin der Meinung, dass man erstmal keine neue „Baustelle“ aufmachen sollte. Vor der zu Ende gehenden Saison wurde Hasan Salihamidžić für viele Transfers bejubelt. Das war auch richtig so. Aber es waren vielleicht zu viele. Zu viele unterschiedliche Persönlichkeiten. Zu viele für einen jungen Trainer wie Julian Nagelsmann. Er konnte aus all diesen guten bis sehr guten Spielern kein Team formen, und hat anstatt Baustellen zu schließen, immer weitere geöffnet. Zum Teil auch Grüppchen geformt im Team. Pufferfische, und Nicht-Pufferfische.
Nagelsmann wollte auch beweisen, dass es ohne einen echten 9er funktioniert. Dabei hat er allerdings etwas vergessen. Dass der Weggang eines Top-Stürmers wie Lewandowski, der ganze 8 Jahre beim FC Bayern war, nicht nur bedeutet, dass man die Tore „umverteilen“ muss. Sondern dass auch ein ganz wichtiger Baustein im Team fehlt. Einer, der seine Mitspieler kennt, der voraus denken kann, der weiß, wie die anderen denken, der mit den anderen zusammen passt. Thomas Müller fehlt dieser Spielpartner deutlich. Die Abstimmung mit Mané, Gnabry oder auch mit Musiala passt noch nicht, funktioniert nicht „im Schlaf“ wie nach der langen Zeit mit Lewy.
Es ist ein bisschen wie Domino. Nehme ich ein tragendes Steinchen raus, fallen alle um. Bis ich das Steinchen wieder ersetzt habe an der richtigen Stelle, sind alle anderen schon umgefallen. Die muss man also alle wieder aufstellen.
Ein passender Vergleich gerade für den FC Bayern finde ich. Zumal ja im Laufe der Saison mit Manuel Neuer und vor noch nicht allzu langer Zeit mit Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß noch weitere tragende Steinchen herausgefallen sind. Dass dann erstmal alles zusammenfällt und neu gerichtet werden muss, ist logisch. Dass das seine Zeit braucht auch. Und es muss jemand machen, der auch die Erfahrung dafür hat. Mit Thomas Tuchel haben wir nun so jemanden. Was er jetzt braucht, ist die Zeit der Vorbereitung auf die neue Saison.
Nimmt man jetzt allerdings wieder ein Steinchen heraus, mit Oliver Kahn zum Beispiel, muss auch das wieder ersetzt werden. Kein guter Zeitpunkt dafür. Deswegen, Fehler hin oder her, würde ich auch Oliver Kahn in seinem Posten lassen. Denn auch wenn es für manche nach außen hin nicht so wirken mag, Oliver Kahn hat nach seiner langen Zeit als Spieler das viel erwünschte „Mia san Mia“ mehr intus, als jeder der aktuell gehandelten Nachfolger.
Joshua Kimmich ist auch jemand, dem so ein Dominosteinchen fehlt, Manuel Neuer. Nicht wegen seiner Qualitäten als Torwart. Die Diskussionen um ein paar Zentimeter Körpergröße waren unnütz. Schließlich hat man die mit Sven Ulreich auf der Bank. Aber Neuer kann einem Team eine Richtung geben, hat Führungsqualitäten auf dem Platz und vermutlich auch in der Kabine. Mit seinem Ausfall wurde diese gesamte Verantwortung auf Joshua Kimmich übertragen. Etwas viel für ihn, auch wenn er sich vor keiner Verantwortung drückt.
Tuchels Aufgabe wird es nun sein, jedem Spieler wieder seinen Platz zuzuweisen, die Dominosteinchen wieder aufzurichten, bis das Team mit all diesen Steinchen wieder ein funktionierendes Ganzes ist. Es kann wieder umfallen, wenn Spieler sich verletzen oder ihre Karriere benden. Aber solange das in der kommenden Saison nicht wieder so viele Dominosteinchen sind, gehe ich davon aus, dass Tuchel sie rechtzeitig auffangen kann.