Mexico – mi amor
„Mexico, mi amor , mi amor“ schmetterte die deutsche Fußballnationalmannschaft – und ich natürlich. 1982 WM in Spanien, 1986 WM in Mexiko. Beide Male wollte ich als Kind unbedingt hin. 1982 wollte ich mein damaliges großes Idol Harald „Toni“ Schumacher, unsere Nummer 1 im Tor, anfeuern. Hat leider nicht geklappt. 1986 war ich etwas organisierter. Da hatte ich mein Kettcar bereits gepackt. Auch ein D hatte ich draufgeklebt. Damals war das Länderkennzeichen noch Pflicht. Die Enttäuschung natürlich groß, dass ich auch diesmal nicht losfahren durfte. Doch dann kam die WM 1990 in meiner 2. Heimat Italien. Und dieses Mal hat es geklappt. Die Stimmung im Land werde ich nie vergessen. Auf allen Plätzen war irgendjemand mit einem Fußball zu finden, jeder hat mit jedem gekickt. Aus allen Fenstern hingen Flaggen. Nicht nur die italienische Tricolore. Ebenso schwarzrotgoldene Flaggen, das schottische weiße Andreaskreuz auf blauem Hintergrund oder das brasilianische „ordem e progresso“. Es war kein Gegeneinander von Fans, egal, was auf dem Rasen passierte, sondern ein Miteinander von Fußballbegeisterten und Freunden. Natürlich mit passendem Ausgang für uns. „Germania – quanti gol?“ titelte eine große italienische Zeitung damals nach dem 4:1 und 5:1 unserer Mannschaft in den ersten beiden Spielen der Gruppenphase. Auch wenn danach gegen Kolumbien nur noch ein 1:1 folgte, galt unsere Mannschaft weiterhin als einer der Titelfavoriten. Unvergessen das Bild, das damals um die Welt ging – Franz Beckenbauer allein auf dem Rasen.
Dass es zu dieser WM für mich eine Steigerung geben könnte, hatte ich nicht gedacht. Und doch gab es sie schließlich 2006, die WM in Deutschland. Und diesmal war ich nicht nur Zuschauer, sondern mitten drin. Als „Ticket Service Point Assistant“ in unserer Arena in München. Ok, es ist mir heute noch etwas peinlich, dass ich zum Beispiel Marco Bode nicht gleich erkannt, und sein Ticket bis ins letzte Detail geprüft habe. Aber er hat es mit Humor genommen.
Es gab Dramen, Wut und Tränen – zum Glück überwiegend Freudentränen. Dramen, weil einige weitgereiste Zuschauer mit einem Ticket für Hamburg in München standen. Wut, weil mancher Gast aus fernen Ländern nicht wusste, dass selbst sein Baby ein Ticket brauchte. Ihnen allen mussten meine Koleg*innen und ich erklären, dass wir sie leider nicht reinlassen können. Es waren nicht wenige, aber zum Glück überwog natürlich deutlich die Zahl derer, die überglücklich waren, weil sie einen Platz in unserer schönen Arena ergattert hatten. Gänsehautfeeling inbegriffen, wenn 60.000 Fans die Nationalhymnen sangen. Amüsant auch die vielen aufblasbaren Kängurus der australischen Fans. Unzählige Momente, die in der Erinnerung präsent sind, als wäre es erst gestern gewesen. Und wunderschön die neuen Freundschaften mit anderen, die ebenfalls im Stadion gearbeitet hatten, und mit denen ich teilweise bis heute immer mal wieder Kontakt habe. Das ist das Schöne am Fußball: Immer, wenn ich denke, dieses Erlebnis ist nicht mehr zu toppen, kommt ein neues, das den ersten Platz auf der Liste der schönsten Erlebnisse einnimmt. Und ich denke, dieses Gefühl kennen wir alle.