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Aus alt mach neu – Der Tuchel-Effekt?

Nach einer Überfliegerphase geht es beim FC Bayern derzeit spielerisch wieder etwas bescheidener zu. Die Angst der letzten Jahre ist da natürlich gleich wieder da. Wird die Mannschaft wieder straucheln? Wird Tuchel zum „Mr. 2:2“ so wie Nagelsmann einst „Mr. 1:1 Unentschieden“ war? Ich denke nicht.

Denn etwas ist neu diese Saison, und doch alt. Also zumindest älter als die letzten 2 Jahre. Der FC Bayern kann, so wie früher, auch mit einer weniger überzeugenden Leistung gewinnen. Dass Thomas Tuchel beim Spiel gehen Kopenhagen 3 Spieler, die er gerade einwechseln wollte, erst mal wieder auf die Bank geschickt hat, zeigt, dass er alles mit Bedacht macht. Dass er seine Aktionen präzise wählt und einsetzt. Und, anders als zu Beginn seiner Amtszeit beim FC Bayern, immer noch ein Schräubchen weiß, an dem er drehen kann, um dadurch notfalls ein Spiel zu drehen. So wie wir den FC Bayern lange Jahre kannten. Bei Nagelsmann hatte ich so manches Mal das Gefühl, dass seine Einwechslungen eine Art Verzweiflungstat waren, die im Endeffekt aber oft nicht viel gebracht haben.

Apropos Einwechslung: Thomas Müller, das unendliche Thema. Auch dieses ist alt und neu. Das Thema ist alt, Bayernfans wissen spätestens seit Niko Kovać, was passieren kann, wenn Müller nicht spielt. Auch bei Tuchel war dieses Thema sofort ganz oben auf der Agenda und in aller Munde. Der Begriff „(K)ein Müllerspiel“ wurde geprägt und ist diese vermutlich das „Wort der Saison“. Doch Tuchel lässt sich da wenig beirren. Darüber nachgedacht hat er sicher. Und wie es aussieht, eine gute Lösung gefunden.

Ich fand Thomas Müller als Joker die letzten Jahre nie überragend. Wenn das Spiel schon verloren war, die gesamte Mannschaft ideenlos auf dem Platz stand, dann konnte auch Thomas Müller nicht mehr viel daran ändern. So sehr er sich auch immer bemüht hat. Diese Saison ist es anders. Da ist die Mannschaft nicht mehr komplett ideenlos bei schlechteren Spielen. Sie braucht nur einen kleinen Anstoß, um wieder in die Spur zu finden. Und dafür ist Müller perfekt.   

Und das führt gleich zum nächsten Thema, das eigentlich uralt, diese Saison aber komplett neu ist. Die Bank. Die Bank, die fast so wichtig wie „die Kabine“ ist. Ich hab das vor einiger Zeit mal in meinem Blog thematisiert. Und diese Bank lacht, wenn sie nicht spielen darf. Müller, Tel und Choupo sollten endlich eingewechselt werden. Und mussten zurück auf die Bank. Sie haben es alle mit Humor genommen. Die Mannschaft steht über dem Einzelspieler. Thomas Tuchel scheint eine Methode gefunden zu haben, dass auch „die Bank“ weiß, wie wichtig sie ist. Von der ständigen Unzufriedenheit der letzten Jahre hört man aktuell nichts mehr.

Ebenfalls alt, aber wieder neu: Der Teamgeist. Den habe ich die letzten Jahre mit am meisten vermisst. Das Zusammenspiel, das blinde Vertauen, das Wissen, was der Mitspieler vorhat. Es ist wieder da. Am schönsten zu sehen wohl an den Toren von Mathys Tel. Sowohl Harry Kane als auch Thomas Müller haben ihm den perfekten Assist gegeben, anstatt es selbst zu probieren. Letzte Saison habe ich solche Assists weniger gesehen. Da war sich irgendwie jeder selber der Nächste.

Vieles ist also neu beim FC Bayern diese Saison. Aber doch auch alt, denn wir kennen das schließlich noch von früher, von vor den Experimenten mit jungen, aufstrebenden Trainern. Haben wir nun endlich den „Tuchel-Effekt“? Aller negativen Prophezeiungen zum Trotz ist meine Meinung, dass der FC Bayern auf dem besten Weg ist, wieder an alte Glanzzeiten anzuknüpfen.

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