WM-Aus: Deutschland in der Krise?
Nein. Deutschland nicht. Zumindest nicht ganz Deutschland. Ich muss zugeben, es berührt mich dieses Mal kaum. Wahrscheinlich weil ich noch so gut wie gar nicht in WM-Stimmung war. Wäre vielleicht mit dem Achtelfinale gekommen. Das wiederum kommt ja nun nicht.
Dass die WM für Deutschland vorbei ist, finde ich eher entspannend. Wusste man doch nie so recht, ob man jetzt sagen darf, dass man manche Spiele anschaut, ohne gleich wieder in eine Diskussion über das Austragungsland gezogen zu werden. Dass der Sport hier nicht getrennt gesehen werden konnte, ist verständlich, aber sehr schade. Auf wie viele Weltmeisterschaften habe ich mich schon gefreut, war 1990 in Italien, 2006 habe ich im Stadion gearbeitet. Diese Stimmung, die unbeschwerte Freude, die konnte dieses Mal nicht aufkommen. Also ist es mir auch tatsächlich fast egal, ob Deutschland weiter ist oder nicht.
Der deutsche Fußball wird umdenken müssen, mal wieder oder eigentlich immer noch. Denn bisher hat man es beim DFB ja nicht geschafft. Zu sehr hat man sich auf Hansi Flick verlassen, der wird es sicher richten, eine neue Ära wird mit ihm beginnen. Doch zaubern konnte er auch nicht. Als kleine Erinnerung: auch beim FC Bayern hat Flick in seiner 2. Saison was Titel betrifft bei weitem nicht an die erfolgreiche erste Saison anknüpfen können.
Dass Flick aber nun bereits mit Fragen nach seiner Zukunft beim DFB konfrontiert wird, nun, das war zu erwarten. Aber halte ich doch für reichlich übertrieben. Die 2 Jahre Zeit bis zur EM im eigenen Land sollte man ihm schon noch geben. Wenn man ihm etwas vorwerfen kann, dann höchstens, dass er nicht rigoros aussortiert hat. Dass er, nur als Beispiel, denn ich mag diesen Spieler, damals zum Glück für uns Bayernfans Leroy Sané wieder aufgebaut hat, als der seine Krise hatte. Dass er auf verletzte oder nicht 100%ig fitte Spieler wartet, auch wenn es gleichwertigen Ersatz gäbe. Anstatt zu sagen, du bringst die Leistung gerade nicht, dann komm wieder, wenn es passt. Flick hat viel ausprobiert, es tauchten Namen im Nationalteam auf, die kannten manche vorher gar nicht. Gebracht hat es uns nichts.
Vielleicht hat die Zeit nicht gereicht, die er hatte, mag sein. Vielleicht ist es wirklich die Qualität, dass wir derzeit einfach wirklich nicht genug WM-taugliche Spieler haben. Vielleicht ist es tatsächlich eine mentale Sache. Vielleicht wurde – ein bisschen typisch deutsch – den, teils sehr jungen Spielern, mit den Themen über One-Love-Binde, Boykott und all der schwierigen Thematik, doch zu viel aufgebürdet. Dinge, über die sich andere Teams sicher keine Gedanken gemacht haben.
Man wird über all das diskutieren, in der Fanszene, und ganz sicher auch beim DFB. Bastian Schweinsteiger hat direkt nach dem Ausscheiden vieles angesprochen, dem ich tatsächlich zustimmen muss. Auch wenn Hansi Flick vehement widersprochen hat: Das Brennen, das Feuer hat mir gefehlt. Es fehlt mir schon lange in der Nationalmannschaft. Ein Feuer, wie es Jürgen Klinsmann aus dem Team damals zum Sommermärchen herausgekitzelt hat. Mir fehlen Typen, Typen wie ein Oli Kahn, ein Lothar Mathäus, ein Stefan Effenberg, ein Hans-Peter Briegel vielleicht. Es gab viele Namen früher, die man hier aufzählen könnte. Manche von ihnen sind „Experten“ geworden, und geben nicht immer die intelligentesten Dinge von sich. Aber als sie zu ihrer aktiven Zeit auf dem Platz standen, da haben sie alles gegeben, da haben sie ihre Mitspieler mitgerissen, auch mal angebrüllt – was auch immer, sie haben sich und ihr Team motiviert, das Letzte aus sich rauszuholen. Vielleicht ist eine Weltmeisterschaft auch wirklich nichts Besonderes mehr für manche, jetten sie doch teilweise Woche für Woche durch die bekanntesten Stadien Europas. Heute hat man tatsächlich oft das Gefühl, den Jungs auf dem Platz ist gar nicht mehr wirklich bewusst, dass sie eine Weltmeisterschaft spielen. Dass sie für einen Sieg auch mal kämpfen müssen. Dass sie sonst mal wieder in einer Vorrunde ausscheiden, ja, dass sie Olis „Eier“ anscheinend nicht haben.