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Fußball und Journalismus

Laut einem Bericht auf web.de vom 23. Juni 2024 hat der ehemalige Nationalspieler Christoph Kramer Teile des Sportjournalismus kritisiert. Unter anderem für schnelle Klicks das Herausgreifen von einzelnen Zitaten, die somit aus dem Zusammenhang gerissen würden. Auslöser waren offenbar Zitate aus der ZDF-Dokumentation über Joshua Kimmich. Hier meine Meinung dazu:

1. Eigentlich ist das alles ein Abbild unserer heutigen Gesellschaft. Schnelle Klicks generieren (müssen). Kaum jemand nimmt sich noch die Zeit, das was er liked wirklich komplett zu lesen und zu reflektieren. Auf Überschriften, die übrigens zumindest in der Druckversion von Zeitungen oft gar nicht vom Autor des Artikels selbst verfasst werden, wird kurz geschaut. Ein Klick. Ein Kommentar. Eine Diskussion beginnt. Würde man die Überschriften ignorieren und nur die Artikel lesen, gäbe es wahrscheinlich eine komplett andere Klick-Verteilung. Und andere Diskussionen. Macht aber keiner, die Überschrift ist schließlich das Erste, was man sieht. Sie muss also auffallen in der Flut von Berichten.

2. Eine prägnanten Satz herauszunehmen und mit diesem einen Artikel oder ein Interview zu promoten, ist im Grunde legitim. „Hier könnt ihr ein Interview mit xy lesen“ bringt nun mal weniger Menschen dazu, den Artikel zu lesen als ein prägnantes Zitat, ein prägnanter Satz daraus. Dass dabei oft Sätze aus dem Zusammenhang gerissen werden, liegt meiner Meinung nach auch an dem, was ich unter Punkt 1 geschrieben habe. Hat jemand den gesamten Artikel gelesen, gibt er ein Zitat vielleicht weniger falsch weiter.

2. Sportjournalismus hat (zumindest heutzutage) eine Sonderstellung und ist nicht unbedingt mit dem Journalismus im Allgemeinen auf eine Stufe zu stellen. Im Sport gibt es jeden Tag Neues zu berichten. Nichts ist so alt, wie das Spiel oder der Transfer von gestern. Also müssen diejenigen, die direkt am Geschehen sein können, jeden Tag Neues liefern. Ist nicht immer leicht, und man muss auch schneller sein, als die anderen. Auch müssen Interviews oft mehrmals gegengecheckt werden. Also entsteht diese Art von Berichterstattung, die wir aktuell haben:
A) Ein in meinen Augen nicht mehr wirklich echtes Interview. Unabhängiger Journalismus wird für mich nicht „gegengecheckt“.

B) Oder eben Dinge, die gesehen und von den Berichterstattenden auf ihre Weise interpretiert werden, um einen Artikel schreiben zu können. 

Alle anderen Journalisten, zum Beispiel von etwas kleineren oder weniger zahlungsfähigen Medien, haben überhaupt keine Chance, so nah ranzukommen. Manche zitieren dann eben und schreiben für ihren Artikel etwas um. Viele andere berichten gar nicht. Können nicht berichten, weil das wenige, was für sie möglich wäre, eben kein wirklicher Journalismus ist. Es ist ein Geben und Nehmen. Wer nehmen kann, nimmt. Vielleicht ist es auch ein „So wenig wie möglich geben“ und „So viel wie möglich davon rauszuziehen“ geworden. Beide Seiten irgendwie verständlich.

Aber insofern ist die Berichterstattung, die Herr Kramer laut dem Bericht auf web.de vom 23.6.2024 anspricht, auch hausgemacht, von Vereinen oder Verbänden. Auf die Sportberichterstattung allein kann man es sicher nicht schieben. Es ist die Henne/Ei-Frage. Und eben auch ein Spiegelbild unserer heutigen Gesellschaft. Gibt mir beides zu denken. 

 

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