Warum mit Thomas Müller so schnell verlängert wurde
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Es wird ein langer Weg…

Ich weiß heute gar nicht, wo ich anfangen soll, so viele Gedanken schwirren mir durch den Kopf. Ich will mal mit einem Bild beginnen….Thomas Tuchel dachte bei Vertragsunterzeichnung offenbar, dass er nur ein paar kleine Schrauben drehen muss, um den FC Bayern wieder in die Erfolgsspur zu bekommen. Statt dessen sind es viele Schrauben. Schrauben, die nicht mit der Mutter zusammen passen. Und verrostete Schrauben, die schwer wieder zu öffnen sind.

Die Meldung haben wir mittlerweile alle gelesen: Tuchel ist nach Saisonende weg. Das so etwas in der Art bald kommuniziert wird, war uns auch allen irgendwie klar. Jetzt haben wir die Situation.

Kehrt jetzt erstmal Ruhe ein bis zum Saisonende? Vielleicht etwas. Wahrscheinlicher jedoch eher nicht. Denn die Spekulationen werden weiter gehen. Wer wird Nachfolger? Da wird nun munter weiter spekuliert. Es geht bereits los. Und jeden Tag wird ein neuer Name in den Ring geworfen. Und das wenn wir Pech haben bis zum Saisonende. Für alle, die sich Alonso wünschen: Da wird es am längsten dauern. Denn dass der sein Team mit einer Zusage beim FC Bayern verunsichert, das wäre mehr als unklug, unprofessionell.

Das Team hat jetzt, trotz aller Beteuerungen, dass es nun in die Pflicht genommen werde, erneut einen Freibrief für seine Leistungen bekommen. Die Berichterstatter sowieso. Das Team kann aber gar keine Leistungen bringen, weil es nicht zusammen passt. Weil ein Spieler der mitten in der Saison (und nach Treuebekundungen zu seinem bisherigen Verein) nicht sofort den FC Bayern mental als seinen Verein ansehen kann. Weil es immer eine Umstellung ist, den Verein zu wechseln. Man kann selten einen Spieler 1:1 in jeden beliebigen Verein setzen und die gleiche Leistung erwarten. Zumal Dier, Boey und Zaragoza zwar sicher gute Spieler sind, aber eben nicht mehr. Nicht das, was man beim FC Bayern erwartet. Müssen sie auch gar nicht sein. Aber dann brauchen sie Zeit, um zu einem Team zu werden. Diese Zeit hatten sie nicht. Die hatte Tuchel nicht, er musste von Spiel zu Spiel immer wieder anderen Spielern das Vertrauen schenken. Die Zeit hat nie jemand beim FC Bayern.

Planungssicherheit? Fehlanzeige. Und genau die hat auch der nächste Trainer nicht. Weil erstmal aufgeräumt werden muss, und das dauert. Wenn es denn wirklich gemacht wird oder in einigen Fällen aufgrund von Verträgen gemacht werden kann. Und weil dann erstmal wieder die richtigen neuen Spieler gekauft werden müssen, die es ja offenbar nicht gibt. Oder die nicht zum FC Bayern kommen wollen. Jeder neue Trainer wird also auch erstmal Monate brauchen, Monate, die auch er nicht hat.

Und mal ehrlich. Welcher Trainer möchte in der jetzigen Situation zum FC Bayern kommen? Nachdem ein Trainer mit dem bekannten Namen Tuchel bereits gescheitert ist? Ein erfahrener vermutlich nicht, der kann nur verlieren. Ein junger vielleicht. Wenn er sich traut. Denn er wird in absehbarer Zeit wieder in diesen Strudel geraten und am Ende gehen müssen. Es wird einer werden, der den FC Bayern als gute Referenz in seinem Lebenslauf sieht, nicht als Verein, für den er alles bereit ist zu geben. Alonso ist bei Leverkusen erfolgreich, eins zu eins übertragen kann man das nicht. Ein Sprungbrett wäre der FC Bayern auch für ihn. Auf dem Weg nach Liverpool, wo er aber vielleicht jetzt schon hingehen könnte?

Team, Trainer, wer fehlt da noch in einem erfolgreichen Verein? Richtig, und dann fehlen da noch die Verantwortlichen. Die sind beim FC Bayern – so sollte man meinen – erfahren genug, die müssten eigentlich wissen, dass man ein Team nicht so zusammenstückeln kann. Sah ja sowieso bei genauerem Hinsehen bei manchem Kauf auch eher als Verzweiflungstat aus. Aber sie sind es ja selber, zusammengewürfelt. Dreesen, Freund, sicher fachlich absolut top. Wahrscheinlich auch menschlich sympathisch, das kann ich nicht beurteilen. Aber Freund wollte zum FC Bayern, auch weil das nicht weit von seiner Heimat weg ist, die er nicht verlassen möchte. Verständlich, absolut. Salzburg ist wunderschön. Aber passt so jemand dann? Ist jemand der Richtige für einen Verein, wenn er nicht alles dafür geben würde? Und Dreesen, der war eigentlich schon auf dem Absprung, wurde dann schnell für Oli Kahn eingesetzt. Weil es eine einfache und schnelle Lösung war. Er hat sich Harry Kane auf die Fahnen schreiben lassen. Anscheinend hatte den aber bereits Hasan Salihamidžić zuerst kontaktiert. Ebenso Rummenigge und Hoeneß, die waren (zumindest auf dem Papier) schon im Ruhestand. Und plötzlich wieder da. Hat es etwas gebracht? Sportlich eher nicht. Und dem Ansehen des Vereins auch nicht wirklich. Und dass ein Trainer wie Tuchel erstmal vor Hoeneß auf die Knie fallen muss, ist auch etwas denkwürdig. Er hat es getan. Seine Position damit vordergründig erstmal gestärkt. Nachhaltig eher an Hoeneß seine Macht abgegeben. Hoeneß, dem jeder Auftritt, jeder Fehltritt mit „Er lebt eben für den FC Bayern“ verziehen wird. Entweder ich habe das Vertrauen in meinen Trainer, oder eben nicht. Aber dann hole ich ihn auch nicht. Den Wunschtrainer, wegen dem Nagelsmann so plötzlich gehen musste? Hoeneß und Dreesen sind aber auch mitverantwortlich, dass Tuchel nicht von Anfang an sein Wunschteam bekommen hatte. Ihre Sprüche dazu sind bekannt. Darüber habe ich bereits geschrieben. Und dann ist da noch Hainer, der sitzt seit Jahren trotz Höhen und Tiefen im Sattel. Sprach an einem Tag zu einem verdienten Spieler wie Lewandowski über eine lange weitere Zusammenarbeit, hat am nächsten Tag geschaut, ob Haaland zu bekommen ist. Der Rest ist bekannt. Wenn Tuchel, der mit seinen Forderungen vor der Saison so unrecht nicht hatte, nach der Saison gehen muss, dann müssen sich die Verantwortlichen allesamt auch selbst hinterfragen. Tuchels Aufstellungen wirkten in letzter Zeit manchmal „zusammengestückelt“, aber es ging ja kaum anders. Ein Sinnbild aktuell für den gesamten Verein.

Dass ich Max Eberl für einen geeigneten Mann halte, wieder eine stimmige Mannschaft zusammen zu stellen, habe ich auch bereits geschrieben. Warum das dann nicht mit einem Top-Trainer wie Tuchel? Der den Verein nun schon kennt. Nur, ob es Eberl auch gelingen wird, wieder ein gutes Team zusammenzustellen? Wenn eben nicht mehr jeder (Wunsch-) Spieler zum FC Bayern kommen mag? Ich erinnere mich da an einen Satz von Lewandowski im vorhin kurz angesprochenen Wechseldrama. Der hatte sinngemäß gefragt, welcher Spieler möchte da noch zum FC Bayern? Es war ein etwas anderen Zusammenhang, aber im Grunde ging es da auch schon um die Art, wie Spieler und Verantwortliche zueinander stehen und miteinander umgehen. Und irgendwie hatte Lewandowski nun ja Recht. Auch wenn es weh tut, das sagen zu müssen. Es ist für den FC Bayern aktuell sehr schwer, seine Wunschspieler zu bekommen. Und nach dieser Saison wird es nicht einfacher. Denn Tuchel wird von vielen Spielern als Trainer geschätzt.

Der Ausdruck „Flickwerk“ passt beim FC Bayern inzwischen tatsächlich, aber auf allen Ebenen. Es passt nicht mehr. Nirgends. Wenn Tuchel geht, müssten einige andere auch gehen. Und nicht mehr vom Tegernsee oder woher auch immer mitmischen. Denn so kann keiner in Ruhe und gut seinen Job machen. Stellt euch mal vor, bei jedem zweiten Handgriff, den ihr in eurem Job macht, ruft ein ehemaliger Chef bei euch an – oder gleich in einer Fernsehsendung und spricht darüber. Ein absolutes No Go. Den Maulwurf suchen, aber selbst die Medien für seine Meinung nutzen? Ein sehr seltsames Verhalten. Aber das ist eben das Umfeld in München. Das wird sich so schnell nicht ändern.

Der Erfolgsdruck, die ständige Berichterstattung, all das bleibt – das muss jedem neuen Trainer klar sein. Und dass es ein langer, ein sehr langer Weg werden kann, bis der FC Bayern wieder da ist, wo er einmal war. Das muss uns leider auch langsam klar sein.

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